Stellt euch eine lebhafte, farbenfrohe Szenerie vor: Die Luft ist erfüllt von dem süßen Duft gebrannter Mandeln und klebriger Zuckerwatte. Das Lachen von Menschen dringt an eure Ohren, und über allem liegt das Summen und die Musik der Karussells, die durch die Straßen schallt. Das ist die Kirmes – ein Erlebnis für alle Sinne. Für viele ist sie ein nostalgisches Echo der Kindheit, für andere eine aufregende Mischung aus Fahrgeschäften, schmackhaften Leckereien und geselligen Momenten. Doch die Kirmes ist mehr als nur eine einfache Vergnügungsmeile: Sie ist ein Fest mit jahrhundertealter Tradition und facettenreichen Elementen, die weit über den bloßen Rummelplatz hinausreichen.
Hier erfahrt ihr alles Wissenswerte zur Kirmes – von den Ursprüngen über die verschiedenen Typen und besonderen Veranstaltungen bis hin zu internationalen Versionen. Ob ihr eingefleischte Kirmes-Fans seid oder einfach neugierig, spannende und unerwartete Fakten gibt es hier zur Genüge.
Ursprung und Geschichte der Kirmes
Die Wurzeln im Kirchweihfest
Die Kirmes, wie wir sie heute kennen, hat ihre Anfänge in den alten Kirchweihfesten. Bereits im Mittelalter war es Tradition, die Einweihung einer neuen Kirche oder den Jahrestag einer bereits bestehenden mit einem großen Fest zu feiern. Diese Feste, oft „Kirchweih“ genannt, hatten ursprünglich einen ausschließlich religiösen Charakter, entwickelten sich jedoch bald zu einer Mischung aus Andacht und gemeinsamer Freude. Die Dorfbewohner versammelten sich, um zu beten, zu essen und die Gemeinschaft zu feiern – die Geburtsstunde der modernen Kirmes.
Der Wandel zur modernen Kirmes
Im Laufe der Jahrhunderte verwandelte sich das Kirchweihfest in ein allgemeines Volksfest. Die Reformation und verschiedene politische Veränderungen führten dazu, dass die religiöse Bedeutung immer weiter in den Hintergrund rückte. Händler und Schausteller erkannten das Potenzial dieser Feste und begannen, ihre Waren anzubieten und die Menschen mit Attraktionen und Aufführungen zu unterhalten. Fahrgeschäfte und Marktschreier prägten bald das neue Gesicht der Kirmes, wie wir sie heute kennen.
Die Kirmes als Spiegelbild der Gesellschaft
Die Entwicklung der Kirmes zeigt eindrucksvoll, wie gesellschaftliche Veränderungen auch das Wesen eines Festes beeinflussen. Im 19. Jahrhundert, zur Zeit der Industrialisierung, erlebte die Kirmes einen regelrechten Boom. Menschen strömten in die Städte, die Bevölkerungszahlen wuchsen, und das Bedürfnis nach Unterhaltung und Entspannung stieg. Attraktionen wie das Riesenrad oder der Kettenflieger wurden erfunden und zogen die Besucher in Scharen an. Die Kirmes wurde zu einem Ort, an dem Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammenkamen, um dem Alltag für einen Moment zu entfliehen.
Nicht immer heißt Kirmes auch Kirmes
Für das Wort „Kirmes“ gibt es in Deutschland und anderen deutschsprachigen Regionen verschiedene Synonyme und alternative Bezeichnungen, die je nach Region und Kontext variieren. Hier sind die gängigsten:
- Kirchweih oder Kirbe – Besonders in Süddeutschland, Österreich und Teilen der Schweiz gebräuchlich. Dieser Begriff bezieht sich direkt auf den Ursprung als religiöses Fest zur Kircheneinweihung.
- Jahrmarkt – Ursprünglich ein Markt, der einmal jährlich stattfand, heute oft für große, temporäre Feste mit Fahrgeschäften und Buden verwendet.
- Messe – Vor allem in älteren Begriffen wie „Freimarkt“ oder „Foire“ zu finden und teilweise in Westdeutschland und der Schweiz gebräuchlich.
- Rummel – Besonders in Ostdeutschland ein beliebtes Synonym. Es beschreibt oft eine Kirmes mit vielen Fahrgeschäften und einer lauten, festlichen Atmosphäre.
- Volksfest – Ein weiter gefasster Begriff, der große Feste mit Kirmes-Elementen einschließt. Beispiele sind das Oktoberfest oder der Cannstatter Wasen, die auch als Volksfeste bezeichnet werden.
- Schützenfest – In einigen Regionen Norddeutschlands gebräuchlich, besonders wenn ein Schützenverein involviert ist. Es kann aber auch Fahrgeschäfte und Buden wie eine Kirmes umfassen.
- Dult – Häufig in Bayern und Teilen Österreichs verwendet, bezeichnet es eine Art Volksfest, das auch Kirmes-ähnliche Elemente hat.
- Freimarkt – Ein Begriff, der speziell für die Kirmes in Bremen genutzt wird und sich auf die historische Tradition des freien Marktrechts bezieht.
Diese Begriffe zeigen, wie unterschiedlich die Kirmes je nach regionaler Tradition benannt wird und wie tief die Bezeichnungen in die jeweilige Kultur eingebettet sind.
Was ist so besonders an einer Kirmes?
Fahrgeschäfte: Nervenkitzel für Jung und Alt
Eine Kirmes wäre ohne ihre Fahrgeschäfte nur halb so spannend. Sie bilden oft das Highlight und ziehen Besucher jeden Alters in ihren Bann. Das Angebot reicht von nostalgischen Karussells und Schaukeln über atemberaubende Achterbahnen bis hin zu modernen Virtual-Reality-Erlebnissen. Jeder Besucher kann hier das passende Abenteuer finden – sei es ein kleiner Adrenalinschub oder der ultimative Nervenkitzel. Besonders beeindruckend ist die technische Raffinesse moderner Attraktionen, die teils in wenigen Tagen aufgebaut werden und trotzdem höchste Sicherheitsstandards erfüllen.
Bunte Buden: Schlemmen und Gewinnen
Die typischen Buden auf einer Kirmes bieten eine Fülle an Köstlichkeiten und Möglichkeiten, das Glück zu versuchen – von knuspriger Zuckerwatte und karamellisierten Mandeln über deftige Bratwurst bis hin zu exotischen Snacks. Doch nicht nur das Essen zieht die Besucher an. Auch die vielen Spielbuden, an denen man sein Glück beim Dosenwerfen, Entenangeln oder an der Losbude versuchen kann, gehören fest zur Kirmes. Kleine Preise, die man hier ergattert, dienen oft als charmante Erinnerung an den besonderen Tag.
Musik und Showprogramm: Kirmes mit Herz und Seele
Viele Kirmessen bieten ein abwechslungsreiches Showprogramm, das Besucher immer wieder in seinen Bann zieht. Von Live-Musik über artistische Darbietungen bis hin zu beeindruckenden Lichteffekten an den Fahrgeschäften – die Kirmes sorgt für beste Unterhaltung. Diese abendliche Stimmung, wenn die bunten Lichter die Attraktionen erhellen und Musik durch die Straßen hallt, schafft eine einzigartige Atmosphäre, die Besucher stundenlang fesseln kann. Es ist fast, als betrete man eine eigene kleine, leuchtende Welt, die sich nur für ein paar Tage öffnet.
Kirmes oder Volksfest? Der kleine, feine Unterschied
Manch einer fragt sich: Ist eine Kirmes dasselbe wie ein Volksfest? Auch wenn die Begriffe oft synonym verwendet werden, gibt es doch wesentliche Unterschiede.
Der religiöse Hintergrund
Wie bereits erwähnt, hat die Kirmes ihren Ursprung im Kirchweihfest und war ursprünglich ein rein religiöses Ereignis. Volksfeste hingegen entwickelten sich oft aus Jahrmärkten oder Erntedankfesten und waren weniger an eine Kirche gebunden. Heute ist der religiöse Aspekt der Kirmes kaum noch präsent, doch die historische Verbindung unterscheidet sie von anderen Volksfesten.
Wie lange geht eine Kirmes?
Volksfeste, insbesondere große wie das Oktoberfest in München, dauern meist mehrere Wochen und bieten ein erheblich umfangreicheres Angebot. Eine typische Kirmes findet hingegen nur ein paar Tage bis maximal eine Woche statt und umfasst eine überschaubare Anzahl an Attraktionen. Natürlich gibt es Ausnahmen, wie die Cranger Kirmes oder den Bremer Freimarkt, die sich über viele Tage oder gar Wochen erstrecken und damit fast schon einem Volksfest ähneln.
Regionale Besonderheiten und Traditionen
Ein weiterer Unterschied zeigt sich in den regionalen Eigenheiten. Während Volksfeste oft auf eine Stadt oder Region begrenzt sind, ist die Kirmes in fast allen Teilen Deutschlands und sogar im Ausland verbreitet, wenn auch unter verschiedenen Namen und mit unterschiedlichen kulturellen Ausprägungen. Volksfeste hingegen haben meist tief verwurzelte Traditionen, die eng mit der jeweiligen Region verbunden sind.
Die größten und bekanntesten Kirmes-Veranstaltungen in Deutschland
Cranger Kirmes in Herne
Mit über vier Millionen Besuchern jährlich zählt die Cranger Kirmes zu den größten und beliebtesten Kirmessen in Deutschland. Seit dem 14. Jahrhundert findet sie in Herne im Ruhrgebiet statt und erstreckt sich heute über eine Fläche von mehr als 100.000 Quadratmetern. Neben Fahrgeschäften und Imbissbuden gibt es hier auch eine Vielzahl an traditionellen Veranstaltungen, darunter ein großer Festumzug und ein spektakuläres Feuerwerk zur Eröffnung. Die Cranger Kirmes ist ein besonderes Highlight, das Besucher aus ganz Deutschland und darüber hinaus anzieht.
Cannstatter Wasen in Stuttgart
Auch wenn der Cannstatter Wasen als Volksfest gilt, gibt es hier zahlreiche Gemeinsamkeiten zur Kirmes. Dieses traditionsreiche Stuttgarter Fest bietet alles, was man an einer Kirmes liebt: aufregende Fahrgeschäfte, bunte Buden und eine ausgelassene Atmosphäre. Die Bierzelte und die festliche Stimmung ähneln stark einer klassischen Kirmes, weshalb viele den Cannstatter Wasen als „Sonderform“ der Kirmes betrachten. Mit jährlich rund vier Millionen Besuchern ist dieses Fest besonders im Herbst ein beliebtes Ziel für Kirmesfreunde.
Hamburger Dom
Der Hamburger Dom ist eine der traditionsreichsten und bekanntesten Kirmessen Norddeutschlands. Er findet dreimal im Jahr statt und geht auf eine über 600 Jahre alte Geschichte zurück. Der Dom bietet eine bunte Mischung aus nostalgischen Kirmesattraktionen und modernen Fahrgeschäften sowie eine Vielzahl kulinarischer Angebote. Besonders beliebt ist das wöchentliche Feuerwerk, das die Besucher begeistert und den Hamburger Dom zu einem unvergesslichen Erlebnis macht.
Die Kirmes weltweit: Ähnliche Feste in anderen Ländern
Spanien: La Feria de Abril in Sevilla
In Spanien gibt es Volksfeste, die starke Parallelen zur deutschen Kirmes aufweisen. Eines der bekanntesten ist die Feria de Abril in Sevilla, ein prächtiges Volksfest mit zahlreichen Fahrgeschäften, Buden und Live-Musik. Die Feria de Abril vereint spanische Kultur, Tanz und Lebensfreude in einer Weise, die man in Deutschland so nicht kennt. Die große Zeltstadt, in der getanzt und gefeiert wird, erinnert jedoch an die Bierzelte deutscher Volksfeste.
Frankreich: Foire du Trône in Paris
Auch in Frankreich gibt es ähnliche Veranstaltungen, die „Foire“ genannt werden. Die Foire du Trône in Paris ist die älteste und größte Kirmes des Landes und bietet ein breites Spektrum an Attraktionen – von klassischen Fahrgeschäften bis hin zu modernen Abenteuerangeboten. Hier findet sich eine spannende Mischung aus französischer und internationaler Kultur. Die Foire zeigt, wie unterschiedlich und doch ähnlich das Konzept eines Volksfestes in verschiedenen Ländern gestaltet wird.
USA: State Fairs und County Fairs
In den USA sind State und County Fairs beliebte Feste, die ebenfalls viele Elemente der Kirmes aufweisen. Sie bieten neben klassischen Fahrgeschäften und Buden auch Tierausstellungen, Wettkämpfe und landwirtschaftliche Wettbewerbe. Besonders in ländlichen Regionen sind diese Feste ein fester Bestandteil der Kultur und erinnern in Gestaltung und Atmosphäre stark an die Kirmes, wie wir sie aus Deutschland kennen.
Obwohl sich die Kirmes im Lauf der Jahrhunderte stark gewandelt hat, bleibt sie ein Symbol für Freude, Tradition und Zusammenhalt. Sie vereint Menschen über Generationen hinweg, bringt Jung und Alt zusammen und bietet eine abwechslungsreiche Flucht aus dem Alltag. Ganz gleich, ob ihr auf der Suche nach einem Adrenalinkick seid oder einfach einen entspannten Tag mit Familie und Freunden verbringen wollt – die Kirmes bleibt ein einzigartiges Erlebnis.
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